Das machen wir mit links
von Claudia Stadler
Lateralität und das Navigationssystem im Gehirn

Die Anlage für die Rechts- oder Linkshändigkeit ist angeboren. Linkshänder kommen - statistisch gesehen - weniger häufig vor als Rechtshänder. Trotzdem leben wir in einem sozialen Umfeld, in dem Rechtshändigkeit die Norm ist. Deutsche schreiben und lesen von links nach rechts, die meisten Werkzeuge im Haushalt und Büro sind für Rechtshänder ausgelegt, die Fahrerpositionen im Auto sind danach ausgelegt usw.
Dahinter steckt aber sehr viel mehr. Die Händigkeit besagt - vereinfacht ausgedrückt - dass bevorzugt die linke oder rechte Gehirnhälfte angesteuert wird für wichtige Funktionen wie beispielsweise Sprachentwicklung und damit Schreiben/Lesen, für Koordination und motorische Fähigkeiten, für die Ausprägung und Nutzung von Muskelketten, aber auch für weitere komplexe Vorgänge. Dabei ist jedoch die Art, ob wir links- oder rechtsseitig im Gehirn und Körper bevorzugt unsere Wege gehen, seit dem Säuglingsalter sichtbar. Dahinter steckt der Begriff "Lateralität", der die quantitative oder qualitative Bevorzugung einer Körperseite bei paarig angelegten Gliedmaßen oder Sinnesorganen umschreibt. Diese Lateralität ist durch die seitenbedingte Zuordnung des Zentralnervensystems zu den Organen und die funktionelle Differenzierung der Gehirnhälften bedingt.
Dass die linke Gehirnhälfte für analytisches, logisches und abstraktes Denken, aber auch kreuzend für die Steuerung der rechten Körperseite zuständig ist, ist bekannt. Der rechten Hirnhälfte werden bildhaftes, gefühlsbetontes und schöpferisches Denken zugeschrieben und motorisch die Steuerung der linken Körperseite.
Leben wir also in einer Welt der Rechtshänder und sind linksseitig betont angelegt, müssen in der Kombination von angelegten Fähigkeiten im Gehirn und dem Zugriff darauf andere Wege im Zentralnervensystem geknüpft werden als bei Rechtshändern. Demnach liegt auf der Hand, dass Linkshänder mehr Lernaufwand haben in einer rechtsorientierten Welt, weil sie die Funktionen nochmals "über Kreuz" ansteuern. Am deutlichsten zeigt sich dies wohl beim Schreiben - es gibt kaum einen Linkshänder mit Schönschrift, weil es eben mühsam ist von links nach rechts zu schreiben und dabei Bewegungen für das eigene Gehirn aufwändig und seitenverkehrt zu machen.
Da jeder Mensch - vor allem im Wachstum - individuell lernt und seine eigenen Verknüpfungen ausprägt, ist es wichtig, die angeborene Präferenz zu kennen und entsprechend naturgemäß zu arbeiten.
Ein Blick in die älteren Generationen zeigt, dass z.B. zwanghaft "Umgelernte" mitunter auch in anderen Bereich wie Motorik, Koordination oder Sprachentwicklung Schwierigkeiten bekommen können. Auch Ermüdungserscheinungen bei Umgelernten scheinen häufiger. Ebenso weiß man z.B. aus der Akupunktur, dass Körperpunkte seitenverkehrt definiert sein können bei einer Lateralitätsbetonung der linken Seite.
In der Hypnose z.B. findet man bei solchen erwachsenen Klienten oft auch eine psychische Abspaltung von Gedanken, Gefühlen, Emotionen oder auch unbewusste, hemmende Programm als Reaktion auf den tiefen inneren Konflikt, den so ein kleiner Mensch empfinden kann, wenn er wider seine Natur in ein System gepresst wurde und anders die Gehirnstrukturen nutzen muss, als ihm oder ihr angeboren wurde. Diese Anpassung mit hohem Energieaufwand kann später im Leben immer wieder zu allerlei Symptomen führen, die man im Erwachsenenalter noch - allerdings mit Aufwand - auf verschiedenen Ebenen, d.h. psychisch und somatisch, bearbeiten sollte.
Insofern ist es gut, dass junge Menschen heute in der Schule auch mal alles mit links machen dürfen um sich in der Welt der Rechtshänder zurechtzufinden. Ein spannender Artikel zum Thema findet sich unter: Linkshänder und ihr Gehirn: Unterschiede und Vorteile - Gedankenwelt
Quellen
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